Dr. Thilo Weimer
Dr. Anne-Kathrin Lingk
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Notare
Vorsorgevollmacht / Patientenverfügung / Betreuungsverfügung
Von zunehmender Bedeutung ist der Bereich Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung. Hierbei werden die Begriffe jedoch nicht streng auseinander gehalten, so dass oftmals Verwirrung besteht.
Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung betreffen einen gemeinsamen Bereich. Es kann eine Lebenssituation eintreten, in der ein selbstbestimmtes Handeln nicht mehr möglich ist. Im Regelfall besteht diese Gefahr im Alter. Sie kann auch jederzeit jüngere Personen durch Unfall oder schwere Krankheit treffen. Ist in diesen Fällen jemand der Auffassung, dass der Betroffene nicht mehr handlungsfähig ist bzw. nicht in der Lage ist, notwendige Dinge in der erforderlichen Weise zu verstehen, sieht das Gesetz die Bestellung eines gerichtlichen Betreuers vor. Das Gericht ist hierbei nicht an die Vorschläge der Angehörigen des zu Betreuenden gebunden. Es kann daher vorkommen, dass unter Umgehung der Angehörigen eine fremde Person als Betreuer bestellt wird.
Das Gesetz bietet jedoch die Möglichkeit, dies zu verhindern. Eine Betreuung wird nach dem Gesetz nicht eingerichtet, wenn kein Bedürfnis dafür besteht. Es besteht kein Bedürfnis, wenn der zu Betreuende bereits Vorsorge für den Fall seiner Betreuungsbedürftigkeit getroffen hat. Diese Vorsorge ist die Errichtung einer Vorsorgevollmacht.
Vorsorgevollmacht
Mit der Vorsorgevollmacht bestimmt der Vollmachtgeber eine oder mehrere Personen seines Vertrauens für ihn zu handeln und zu entscheiden, falls der Vollmachtgeber hierzu nicht mehr in der Lage ist. Als Bevollmächtigte kommen hierbei vor allen Dingen die nahen Angehörigen, Ehegatten/Lebenspartner und Abkömmlinge in Betracht. Im Einzelfall können auch Außenstehende bevollmächtigt werden. Es ist aber immer zu bedenken, dass eine Vorsorgevollmacht ein besonderes Vertrauensverhältnis voraussetzt.
Die Vorsorgevollmachten sollen alle Handlungsmöglichkeiten eröffnen, sofern der zu Betreuende nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten zu regeln. Dies bedeutet in der Sache, dass die Vorsorgevollmachten als Generalvollmachten in vermögensrechtlichen Angelegenheiten formuliert sind.
Die Vorsorgevollmachten regeln aber nicht nur den Bereich der Vermögensangelegenheiten. Notwendig ist auch eine Handlungsmöglichkeit in den persönlichen Angelegenheiten. Dazu gehört die Einwilligung in ärztliche Maßnahmen, das Aufenthaltsbestimmungsrecht, d. h. die Frage, ob eine Betreuung im Hause oder in einem Pflegeheim notwendig ist, und schließlich auch die Entscheidungsmöglichkeiten über einen Behandlungsabbruch. Allerdings bedarf es in diesen Fällen auch noch der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Die Vorsorgevollmachten sind umfassend formuliert und hören sich für manchen zunächst erschreckend an. Man muss sich aber bei jeder Vorsorgevollmacht klar machen, dass im Wesentlichen geregelt wird, wer für den Vollmachtgeber handelt. Die Vorsorgevollmacht schließt damit aus, dass ein Fremder in diesem Punkt für den Vollmachtgeber entscheidet. Im Normalfall sollte daher die Vorsorgevollmacht an nahe Angehörige möglichst umfassend formuliert sein.
Die Vorsorgevollmacht sollte auf jeden Fall notariell beurkundet werden. Sobald auch Grundstücksgeschäfte notwendig werden könnten, ist die Vollmacht nur wirksam, wenn sie vor einem Notar erklärt wurde.
Die Vorsorgevollmacht ist mit Abstand die wichtigste Maßnahme zum Schutz vor willkürlichen Maßnahmen im Falle einer Handlungsunfähigkeit.
Patientenverfügung
Die Patientenverfügung ist gegenüber der Vorsorgevollmacht strukturell etwas ganz anderes. Die Patientenverfügung betrifft nur einen einzigen Fall, nämlich die Frage, ob bei einem irrreversiblen Sterbeprozess noch intensivmedizinische Maßnahmen getroffen werden sollen.
Die Patientenverfügung weist ein strukturelles Problem auf. Es muss in guten Tagen formuliert werden, was man in kranken Tagen an Behandlungsmöglichkeiten haben möchte, sofern man nicht mehr ansprechbar ist. Nun sind aber die medizinischen Krankheitsbilder vielfältig und noch vielfältiger die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten. Texte von Patientenverfügungen gibt es in allen Varianten. Es muss hier aber gleichwohl sehr vorsichtig agiert werden. Manche Patientenverfügungen sind zu weit gefasst und verhindern ihren Formulierungen nach durchaus medizinisch sinnvolle Behandlungsmethoden. Gerade in diesem Bereich sollte nicht jedes Formular gedankenlos unterschrieben werden. Eine Auseinandersetzung mit der Definition des Krankheitsbildes und der medizinischen Behandlungsmethoden ist notwendig.
Die Patientenverfügung muss nicht notariell beurkundet werden, sie sollte aber auf jeden Fall schriftlich abgefasst werden.
Betreuungsverfügung
Die Betreuungsverfügung ist ein geeignetes Mittel, falls Ihnen die Erteilung einer Vorsorgevollmacht zu weit geht und Sie eine gerichtliche Kontrolle bei der Regelung Ihrer Angelegenheiten vorziehen. Dann können Sie über eine Betreuungsverfügung bestimmen, wer als Betreuer vom Gericht ausgewählt werden soll. Der strukturelle Unterschied zur Vorsorgevollmacht ist, dass der Genannte in dem gerichtlichen Verfahren als Betreuer bestellt wird und somit in seiner Handlungsweise der gerichtlichen Kontrolle unterliegt.
Des Weiteren können Sie in einer Betreuungsverfügung auch die Art und Weise Ihrer Pflege festlegen. Diese Anweisungen gelten selbstverständlich auch für den Bevollmächtigten, der aufgrund einer Vorsorgevollmacht handelt.
Nachfolgend finden Sie einige Begriffe zur ersten Orientierung definiert.
1. Generalvollmacht
Die Generalvollmacht ist die Erklärung, dass eine bzw. mehrere Personen in allen Angelegenheiten für den Vollmachtgeber handeln können und ihn rechtlich vertreten können. Die Vollmacht kann an mehrere erteilt werden. Hierbei kann der Vollmachtgeber bestimmen, dass einzelne oder gemeinsame Handlungsberechtigung bestehen soll. Die Vollmacht setzt ein besonderes Vertrauensverhältnis voraus, da bei Missbrauch erheblicher Schaden entstehen kann.
2. Untervollmacht
Es empfiehlt sich, dem Generalbevollmächtigten zu erlauben, frei in gewissen Rechtsgeschäften Untervollmacht zu erteilen. In diesem Fall ist es nicht notwendig, dass der Bevollmächtigte jede Handlung selbst in Person vornimmt, sondern er kann für bestimmte einzelne Angelegenheiten wiederum eine Person seines Vertrauens beauftragen.
3. Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB
Dies betrifft den Fall des In-sich-Geschäfts. Die Vorsorgevollmacht soll von ihrem Grundsatz aus möglichst weit gefasst sein. Es müssen daher sämtliche Rechtsgeschäfte möglich sein, damit eine Mitwirkung eines Fremden ausgeschlossen ist. Ein einfaches Beispiel für ein In-sich-Geschäft ist das Beziehen von Pflegegeld. Sofern der Vollmachtgeber betreuungsbedürftig ist, erhält er das Pflegegeld selbst ausgezahlt. Hat er nun seine Ehefrau als Bevollmächtigte eingesetzt, übernimmt sie oftmals auch die Pflege. Das an den Vollmachtgeber ausgezahlte Pflegegeld ist dafür da, diese Pflege zu bezahlen. Es ist daher durchaus sinnvoll und zweckmäßig, dass die Ehefrau das Pflegegeld von dem Konto des Vollmachtgebers auf ihr Konto überweist. Dies stellt ein In-sich-Geschäft dar, da kein außenstehender Dritter mehr an dieser Überweisung beteiligt ist. Dies ist nur dann möglich, wenn es gestattet ist. In den Vorsorgevollmachten ist dies regelmäßig gestattet, damit auch diese familieninternen Rechtsgeschäfte möglich sind.
4. Aufenthaltsbestimmungsrecht
Dieser etwas farblose Begriff ist zentral im Rahmen einer Vorsorgevollmacht. Dies ermöglicht es dem Bevollmächtigten zu entscheiden, wie die Art der Pflege durchgeführt wird, ob dies etwa zu Hause geleistet werden kann oder doch die Betreuung in einem Pflegeheim notwendig ist.
5. Innenverhältnis / Außenverhältnis
Bei einer Vollmacht sind zwei gedankliche Ansätze zu unterscheiden. Einmal die Frage der Wirksamkeit der Vollmacht gegenüber Dritten, das sogenannte Außenverhältnis: Was hat der Bankangestellte zu prüfen, wenn der Bevollmächtigte mit der Vollmacht erscheint und eine Überweisung tätigen will? Demgegenüber ist das Innenverhältnis zu unterschieden. Das Innenverhälntis sind die Anweisungen des Vollmachtgebers an den Bevollmächtigten. Vorsorgevollmachten sind in der Regel so abgefasst, dass sie im Außenverhältnis (gegenüber Dritten) unbeschränkt erteilt sind, und nicht geprüft wird, inwieweit der Vollmachtgeber noch handlungsfähig ist. Dies wäre praktisch nicht nachweisbar. Des Weiteren ist über diese Art der Formulierung sichergestellt, dass auch im „Graubereich“ gehandelt werden kann. Die Fälle einer Betreuungsbedürftigkeit sind oftmals nicht schwarz oder weiß, sondern es kann durchaus zweifelhaft sein, ob noch Handlungsfähigkeit gegeben ist oder keine Handlungsfähigkeit gegeben ist. Es kann auch zeitlich durchaus je nach dem Gesundheitszustand an gewissen Tagen Handlungsfähigkeit gegeben sein und an gewissen Tagen Handlungsunfähigkeit gegeben sein. Eine Entscheidung hierüber ist über die Formulierung der sofortigen Wirksamkeit im Außenverhältnis nicht notwendig. Es kann in jedem Fall gehandelt werden.
6. Ausfertigung
Die Ausfertigung ist ein besonderes, notariell gesiegeltes Exemplar der Vollmacht. Der Bevollmächtigte muss die Ausfertigung in Händen halten, um handeln zu können. Hier hat es sich bewährt, die Ausfertigung bei der Erteilung der Vorsorgevollmacht noch nicht dem Bevollmächtigten zu zusenden, sondern dem Vollmachtgeber selbst, da bei Erteilung der Vorsorgevollmacht Handlungsfähigkeit des Vollmachtgebers gegeben ist. Dem Vollmachtgeber bleibt es auch nach Erteilung einer notariellen Vorsorgevollmacht überlassen zu entscheiden, ab welchem Zeitpunkt er möchte, dass der Bevollmächtigte handelt.
7. Vorsorgeregister
Die Bundesnotarkammer unterhält ein zentrales Vorsorgeregister, in das die Erteilung einer Vorsorgevollmacht vermerkt werden kann. Sofern Betreuungsbedürftigkeit bestehen sollte, können die Gerichte in dem zentralen Vorsorgeregister abfragen, inwieweit die betroffene Person bereits eine Vorsorgevollmacht erteilt hat bzw. sonstige Betreuungsverfügungen getroffen hat. Ein Eintrag in das zentrale Vorsorgeregister empfiehlt sich vor allen Dingen dann, wenn Personen bevollmächtigt werden, die nicht in unmittelbarer Nähe von dem Vollmachtgeber wohnen.
Notare Dr. Thilo Weimer & Dr. Anne-Kathrin Lingk
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