Dr. Thilo Weimer
Dr. Anne-Kathrin Lingk
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Notare

Erben & Vererben

Das Erbrecht ist ein zentrales Rechtsgebiet. Die gesetzlichen Vorschriften eröffnen hierbei alle Möglichkeiten zur Regelung eines Nachlasses. Dies hat jedoch oftmals zur Folge, dass auch bei gut gemeinten Testamenten in Folge von Formulierungsungenauigkeiten bzw. durch ungerecht empfundene Anordnungen ganze Familien zerbrochen sind.

Bevor man zur Frage zur Errichtung eines Testamentes kommt, sollte man sich jedoch zunächst vergegenwärtigen, welche Regeln gelten, wenn man kein Testament errichtet. Dies regelt die gesetzlichen Erbfolge.

Gesetzliche Erbfolge

Erbrecht ohne Ehegatte:

Das deutsche Recht geht von Verwandtenerbrecht aus. Hierbei schließen nahe Angehörige das Erbrecht von entfernteren Angehörigen aus. Es gilt folgende Reihenfolge:

  • die Abkömmlinge (Kinder, Enkelkinder usw.),
  • die Eltern bzw. deren Abkömmlinge,
  • Großeltern bzw. deren Abkömmlinge,
  • die Urgroßeltern bzw. deren Abkömmlinge usw..

Eine Beschränkung, wonach das Erbrecht ab einem gewissen Entfernungsgrad nicht mehr besteht, kennt das deutsche Recht nicht. Die Systematik Abkömmlinge, Eltern, Urgroßeltern usw. werden im Gesetz als Ordnungen bezeichnet. Innerhalb der Ordnungen wird bei gleichem Verwandtschaftsgrad im Grundsatz nach gleichen Teilen geerbt.

Erbrecht mit Ehegatte:

Bei Verheirateten ist das sogenannte Ehegattenerbrecht zu beachten. Bei Versterben eines Ehepartners erbt sein Ehegatte neben den Kindern grundsätzlich einhalb, die andere Hälfte fällt an die Kinder des Erblassers. Diese Verteilung gilt bei gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Bei Vereinbarung eines anderen Güterstandes können die Erbquoten hiervon abweichen,

Sofern keine Kinder vorhanden sind, erbt der Ehegatte lediglich zu ¾ Anteil. ¼ Anteil erhalten die Verwandten des Verstorbenen, oftmals seine Geschwister. Es besteht also insoweit kein alleiniges Erbrecht der Ehegatten.

Testament/Erbvertrag

In diese gesetzliche Systematik kann eingegriffen werden durch gewillkürte Erbfolge. Hierzu bedarf es der Errichtung einer letztwilligen Verfügung. Hierunter versteht man ein Testament oder einen Erbvertrag. In der letztwilligen Verfügung wird festgelegt, wer im Todesfall welche Vermögensgegenstände und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen erhält. Die Möglichkeit, dies zu bestimmen, ist durch das grundgesetzlich geschützte Eigentum garantiert.

Errichtungsform:

Das Testament kann eigenhändig oder auch durch notarielle Beurkundung errichtet werden.

Zur eigenhändigen Errichtung muss der Text eigenhändig (= handschriftlich durch den Errichtenden selbst) aufgeschrieben werden sowie unterschrieben werden. Ort und Datum sollte genannt sein.

Die Errichtung des notariellen Testamentes erfolgt durch den Notar. Diese Vorgehensweise stellt sicher, dass die richtigen Begriffe verwendet werden und auch das textlich festgehalten wird, was der Erblasser auch gewollt hat.

Pflichtteil

Die freie Anordnungsmöglichkeit des Erblassers findet im Gesetz nur eine Grenze: den Pflichtteilsanspruch. Bestimmte Personen können vermögensmäßig nicht übergangen werden. Dazu gehören die Abkömmlinge des Erblassers sowie dessen Ehegatten, unter Umständen auch die Eltern des Erblassers. Das Pflichtteilsrecht bestimmt sich der Höhe nach dem gesetzlichen Erbrecht. Es beträgt hierbei die Hälfte davon.

Erbschaftsteuer

Die Erbschaftssteuer wurde zum 01.01.2009 und 01.10.2010 vom Gesetzgeber neu geregelt.

Jeder Erwerb von Todes wegen löst ebenso wie lebzeitige Schenkungen potentiell Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer aus. Es bestehen allerdings Freibeträge, die sich der Höhe nach an dem Verwandtschaftsverhältnis orientieren. Sie können die Freibeträge der nachstehenden Tabelle entnehmen.

Die Freibeträge können alle 10 Jahre ausgenutzt werden. Schenkungen, die 10 Jahre zurückliegen, bleiben bei der Frage, inwieweit der Freibetrag aufgebraucht ist, unberücksichtigt. Durch vorweggenomme Erbfolgen (= Übertragungsverträge) kann somit die Steuerlast verhindert bzw. vermieden werden.

Ein besonderer Freibetrag besteht für Betriebsvermögen.

Werden die Freibeträge überstiegen, ist ein gewisser Prozentsatz von dem den Freibetrag übersteigenden Vermögen an Erbschaftsteuer zu bezahlen. Die Höhe dieses Prozentsatzes richtet sich zum einen nach der Nähe des Verwandtschaftsverhältnisses. Hierbei werden insgesamt drei Steuerklassen unterschieden. Zum anderen richtet es sich nach der Höhe des Erwerbs selbst. Je höher der Erwerb, desto höher der Prozentsatz, wobei der Prozentsatz allerdings nicht linear sondern in Stufen steigt. Die Prozentsätze können Sie der nachstehenden Tabelle entnehmen.

Bei der Bewertung des steuerpflichtigen Erwerbs wird bei Grundbesitz nunmehr ebenfalls der Verkehrswert zugrunde gelegt. Die Übertragung bzw. Vererbung von Grundbesitz ist damit nicht mehr privilegiert (Ausnahme: selbst genutztes Einfamilienhaus, siehe nachfolgend).

Freibeträge gemäß § 16 ErbStG:

Ehegatten Steuerklasse I  500.000,00 Euro
Kinder Steuerklasse I

(eheliche und nichteheliche Kinder,  Adoptivkinder, Stiefkinder)
Kinder vorverstorbener Kinder.

 400.000,00 Euro
 Enkel nicht vorverstorbener Kinder  200.000,00 Euro
Übrige Personen Steuerklasse I

(Urenkel; Eltern und Großeltern bei Erwerb von Todes wegen)

 100.000,00 Euro

Personen Steuerklasse II

(Eltern und Großeltern bei Schenkung, Geschwister, Nichten, Neffen,  Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, der geschiedene Ehegatte)

 20.000,00 Euro
Personen Steuerklasse III

(Alle übrigen Erwerber, insbesondere auch Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, Verlobte, Pflegekinder, juristische Personen)

 20.000,00 Euro
 Lebenspartner i.S.d. LPartG  500.000,00 Euro

Freibeträge gemäß § 13 Abs. 1 ErbStG

Hausrat 41.000,00 Euro
Andere Gegenstände 12.000,00 Euro
Erwerb aufgrund Pflege 20.000,00 Euro

Freibetrag gemäß § 13a ErbStG

Bei Betriebsvermögen; Land- und Forstwirtschaft, Anteile an Kapitalgesellschaften bestehen besondere Freibeträge, deren Gewährung allerdings von der Fortführung des Betriebes in einem genau definierten Maßstab abhängig ist. Maßgeben ist hierbei insbesondere die Einhaltung der Lohnsumme über einen längeren Zeitraum.

Steuersätze gemäß § 19 ErbStG

 bis €
(Wert des Steuerpflichtigen Erwerbs nach Abzug der Freibeträge)
 Steuerklasse I Steuerklasse II Steuerklasse III
75.000 Euro  7 15 30
300.000 Euro 11 20 30
600.000 Euro 15 25 30
6.000.000 Euro 19 30 30
13.000.000 Euro 23 35 50
26.000.000 Euro 27 40 50
> 26.000.000 Euro 30 43 50

 

Eine besondere, zusätzliche Begünstigung gewährt das Gesetz für selbst genutzten Wohnraum (Familienheim) bei einem Erwerb von Todes wegen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Erwerber das Objekt über einen Zeitraum von 10 Jahren ebenfalls selbst nutzt.

Im Nachfolgenden finden Sie stichwortartig die wichtigsten Begriffe im Erbrecht als erste Orientierung erläutert.

1. Erbe:
Das deutsche Recht geht vom Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge aus. Mit dem Tod des Erblassers tritt der Erbe rechtlich an seine Stelle. Erbe kann eine Person alleine oder auch mehrere Personen gemeinsam sein. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft.

2. Gesetzliche Erbfolge:
Die gesetzliche Erbfolge findet Anwendung, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorhanden ist.

3. Gewillkürte Erbfolge:
Die gewillkürte Erbfolge ist die durch Testament oder Erbvertrag vom Erblasser angeordnete Erbfolge bzw. Verteilung seines Vermögens. Sie unterliegt Formvorschriften.

4. Vermächtnis:
Der Erblasser kann in seinem Testament oder Erbvertrag auch Personen, die nicht als Erbe Gesamtrechtsnachfolger von ihm sind, bestimmte Vermögensgegenstände oder auch Vermögenswerte zukommen lassen. Eine derartige Anordnung zugunsten von Nichterben nennt man Vermächtnis. Der Erbe ist durch diese Anordnung verpflichtet, dem sogenannten Vermächtnisnehmer diese Gegenstände herauszugeben bzw. den entsprechenden wertmäßigen Vermögensvorteil zukommen zu lassen.

5. Vor- und Nacherbschaft:
Das Testament kann auch in der Weise errichtet werden, dass der Erblasser zunächst einen vorläufigen Erben – den Vorerben – bestimmt und danach, im Regelfall bei Tod des Vorerben, den endgültigen Erben – den Nacherben – bestimmt. Der Erblasser kann hierbei in gewissem Umfang die Rechte des Vorerben und des Nacherben regeln.

6. Testamentsvollstreckung:
Der Erblasser kann eine Person seines Vertrauens bestimmen, der seine letztwilligen Anordnungen ausführt. Dadurch kann verhindert werden, dass der Erbe bzw. Vermächtnisnehmer unüberlegte Entscheidungen mit dem Nachlass trifft.

7. Pflichtteil:
Der Pflichtteil ist derjenige Anteil des Vermögens des Erblassers, der nach dem Gesetz nahen Angehörigen (Abkömmlinge, Ehegatten, unter Umständen Eltern) zusteht. Auf den Pflichtteil kann nur in notarieller Urkunde verzichtet werden.

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